Anwenderbericht: HP Jornada 680

von Helge Tefs


Warum kauft man sich einen Jornada 680?

Schon immer war ich von kleinen Computern und ihren Möglichkeiten fasziniert. Mein erster "Taschencomputer" war ein HP 95 LX - einer der ersten Palmtops. Das Gerät hatte MS-DOS 3.22, eine 8086-kompatible CPU und ein Bildschirmformat, das leider zu nichts kompatibel war. Im Frühjahr 1997 hielt ich das für mich erste WindowsCE-Gerät in Händen und damit stand gleich fest: "Sowas brauchst Du auch". Ein paar Jahre hat es noch gedauert, aber im Mai 2000 war es dann soweit - ich kaufte mir einen Jornada 680. Kaufentscheidend war damals für mich die Möglichkeit, PC-Cards und CF-Cards gleichzeitig betreiben zu können, der "große" Farbbildschirm und das damals aktuellste Betriebssystem. Außerdem mußte es unbedingt ein Gerät mit Tastatur sein. Hätte ich gewußt, daß nur ein paar Monate später der Jornada 720 auf den Markt kommt, hätte ich wahrscheinlich noch etwas gewartet...

Technische Daten:

Betriebssystem      WindowsCE 2.11, HandheldPC Pro 3.01
CPU      Hitachi SH3 mit 133 MHz
RAM      16MB SDRAM (Jornada 680 - erweiterbar auf 32MB) bzw. 32MB RAM (Jornada 690)
Bildschirm      6,5 Zoll CSTN-Display, 640x240 Punkte, 65536 Farben
Steckplätze      1x PC-Card Typ II, 1x CF-Card Typ I
Schnittstellen      1x seriell (RS232 - 115kBit/s), 1x infrarot (IrDA - 115kBit/s), 1x 56k Modem (RJ11) (nicht Jornada 6x0e)
Audio      integrierter Lautsprecher und Mikrofon
Integrierte Software      Pocket Office (Excel, Word, Access und Powerpoint) 3.01, (im ROM) Pocket Outlook (Posteingang, Kontakte, Aufgaben, Kalender), Pocket Internet Explorer, verschiedene HP-Software (Backup, Viewer, Wählverbindung), Taschenrechner (Landware Omnisolve), BSQUARE bFax Pro 4.0
Stromversorgung      LiIon-Akku (7,2V, 1,5Ah), Backup-Batterie (CR2032), externes Netzteil (12V)

Mitgeliefert wurden Handbuch, Netzteil, Modem- und Sync-Kabel, Docking-Station und zwei CD’s mit zusätzlicher Software (u.a. ActiveSync).

Mein erster Eindruck

Wow. Was kann man nicht alles damit anstellen. Schnell war die Internetverbindung über das interne Modem eingerichtet, die erste eMail geschrieben, das erste Spiel installiert, der erste Text geschrieben, die erste Tabelle erzeugt. Euphorie pur.

Als der Speicher langsam voll wurde - 8MB reichen ja nicht ewig - wurde die Speicherkarte aus der Digitalkamera zweckentfremdet. Schon beim Einstecken mißfiel mir die wackelige Klappen-Konstruktion. Mein Gedanke: "Das wird nicht ewig halten..."

Mit mehr Speicher ausgestattet war es ja jetzt auch möglich, die Multimedia-Funktionen des Jornada zu testen. Das Ergebnis war ernüchternd. Der integrierte Lautsprecher ist zum Musikhören absolut nicht geeignet und eine Alternative (z.B. eine Kopfhörerbuchse) gibt es leider nicht. Da auch die CPU nicht so sonderlich schnell war und die Speicherkarte auch etwas klein, wurde auf das Abspielen von Videos einfach verzichtet.

Erstaunlich war für mich zunächst auch die Laufzeit des Akkus. Da ich am Anfang viel mit dem Gerät herumspielte, war er fast ständig unter Belastung und hat trotzdem einen ganzen Tag durchgehalten. Mit zusätzlicher Hardware (Netzwerkkarte) sank die Laufzeit zwar auf etwa 2/3, war mit 6h aber immer noch recht brauchbar. Später, als ich genug gespielt hatte, reichte der Akku ca. 1 bis 2 Wochen bei 30min bis 1h Betrieb am Tag. Im Laufe der Zeit ließ die Kapazität des Akkus etwas nach und somit sank die Laufzeit auf etwa 3/4 der ursprünglichen Zeit. Inzwischen nutze ich meinen Joranda leider nur noch sehr selten (mein Loox ist für Termine und Kontakte einfach handlicher), aber die letzte Ladung ist momentan auch schon mehr als 3 Wochen her...

Zubehör

Im Laufe der Zeit sammelte sich eine Menge Zubehör an. Zuerst wurde eine passende Tasche gekauft. Der Jornada sollte ja zu meinem ständigen Begleiter werden und brauchte entsprechenden Schutz.
Da mich beim Installieren speicherintensiver Programme immer die langsame serielle Verbindung gestört hat, suchte ich nach Alternativen. USB unterstützt der Jornada nicht, also blieb für ActiveSync nur noch Netzwerk übrig. Es wurde eine Ethernet-Netzwerkkarte gekauft (MicroNet SP125A). Natürlich PC-Card, damit der CF-Steckplatz für die Speicherkarte frei bleibt. Damit ging das Synchronisieren auch großer Dateien superschnell.
Da ich den Jornada ab und zu zum Betrachten der Bilder meiner Digitalkamera einsetzte, folgte nach einiger Zeit ein PC-Card-CF-Adapter, denn die Klappe zum Einstecken der CF-Karten hielt der ständigen Belastung, wie erwartet, nicht lange stand - siehe Bild.

Spätestens nachdem im Freundeskreis der erste WLAN-Access-Point auftauchte, mußte auch eine WLAN-Karte her. Die erste Karte, die ich kaufte, funktionierte im Jornada 680 aufgrund fehlender Treiber nicht. Treiber waren nur für WindowsCE 3.0 verfügbar, ein Problem, das noch öfter auftauchen sollte. In der Kompatibilitätsliste auf http://www.cewindows.net/ fand ich eine Orinoco-PC-Karte, die auch gerade günstig bei eBay angeboten wurde. Später folgte noch eine Artem WLAN-Karte, da die zuerst gekaufte Orinoco-Karte nur 64bit WEP-Verschlüsselung beherrschte.
Da ich auch die serielle Schnittstelle der Jornada für verschiedene andere Anwendungen brauchte (z.B. Auslesen meines Tauchcomputers und Packet Radio), wurde das Sync-Kabel um einen Nullmodem-Genderchanger ergänzt. Später wurde die Kombination durch einen echten seriellen Adapter ersetzt.
Als ich mal preiswert an ein 32MB-RAM-Modul für den Jornada 680 kam, habe ich auch da zugeschlagen...

Zusatz-Software

Obwohl die im Jornada integrierten Anwendungen schon viel leisten, kommt man um Zusatzsoftware nicht herum. Ein kleines Programm zum Anzeigen verschiedener Systeminformationen (WR Tools ResInfo), ein Texteditor (Tillanosoft pNotepad) und ein Registry-Editor (Tascal Regedit) gehören zu den Programmen, die ich jedem Anwender eines Jornada 680 ans Herz legen würde.

Wenn man oft Texte auf dem Jornada 680 schreibt, dann wird man auch bald an die Grenzen von Pocket Word stoßen. Ich habe mir deshalb Textmaker der Firma Softmaker installiert. Damit ist dann auch echte Textverarbeitung mit ordentlichem Layout möglich.
Wer oft unterwegs ist, der braucht auch Kartenmaterial. Der einzig verfügbare Routenplaner für HandheldPC’s mit Windows CE 2.11 war der Routeplanner Millenium von Palmtop-Software. Die Firma sollte allen Anwendern von PocketPC-Navigationslösungen bekannt sein, sie heißt jetzt TomTom. Allerdings konnte der Routeplanner keine zufriedenstellende Orientierung innerhalb von Städten sicherstellen, weshalb noch Microsoft PocketStreets 2001 installiert wurde. Leider gab es nie eine Version für HandheldPC’s, die auch GPS unterstützt hat...

Wenn man heute Software für den Jornada 680 sucht, dann stößt man schnell an die Grenzen. Nur wenige Hersteller entwickeln noch Software für HandheldPCs, so daß man entwender mit veralteten oder gar fehlerhaften Versionen vorlieb nehmen muß, oder bestimmte Anwendungen aufgrund inzwischen veralteten Betriebssystems oder der heute nur noch wenig gebräuchlichen CPU gar nicht mehr bekommt. Beispielsweise der oben genannte Routeplanner Millenium ist heute wegen des antiquierten Kartenmaterials kaum noch zu gebrauchen, käuflich erwerben kann man ihn schon lange nicht mehr (ab und zu gibt es mal eine Exemplar bei eBay).

Mein Fazit

Wer sich heute einen HandheldPC kaufen will, der muß die eigenen Ansprüche genau kennen. Der Jornada 680 ist für Multimedia-Anwendungen nicht geeignet. Navigation ist mangels passender Software nicht sinnvoll möglich. Zum Internet-Surfen eignet sich der Jornada aufgrund der fehlenden/mangelhaften Script- und PlugIn-Unterstützung des Pocket Internet Explorers nur bedingt. Wer jedoch mit diesen Einschränkungen leben kann und ein paar Euro für Zusatzsoftware (Textmaker) entbehren kann, der ist mit dem Jornada 680 gut beraten.

Auch wenn ich inzwischen einen PocketPC besitze, habe ich meinen Jornada 680 noch nicht zur Seite gelegt. Aufgrund der Tastatur und des großen Bildschirms eignet er sich hervorragend zum Schreiben längerer Texte und zum Lesen von eBooks. Auch wenn der Pocket IE des Jornada 680 nur rudimentäre Script- und keine PlugIn-Fähigkeit besitzt, kann man auch am mobilen Surfen noch seine Freude haben. Es gibt zum Glück genügend Webmaster, die auf ihren Seiten auf solche Spielereien verzichten...

Weitere Informationen

Als das Software-Angebot zum Jornada 680 immer kleiner wurde, habe ich eine Auflistung lauffähiger Software erstellt und diese auf meiner Homepage veröffentlicht. Da ich daraufhin immer öfter eMails mit Fragen zum Jornada 680/690 bekommen habe, wurden die Seiten immer mehr erweitert. Inzwischen betreibe ich auf meiner Seite ein eigenes Forum für Anwender der Jornada 680/690. Wer Interesse an mehr Informationen hat, der kann sich gern auf meinen Seiten umsehen: http://www.tefs.de/jornada/

29. September 2005
Helge Tefs

Namentlich gekennzeichnete Anwendertestberichte geben ausschließlich die Erfahrungen und Meinungen des Autors wieder.


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