Review: JVC MP-C33


Ein NEC VR4122 MIPS-Prozessor mit 180 MHz Taktfrequenz, 32 MB Arbeitsspeicher, Widescreen-Display mit 1024x600 Bildpunkten Auflösung, flexible Erweiterungsmöglichkeiten über PCMCIA Typ II und CompactFlash Typ II, ein echter USB Host-Port, dazu eine proprietäre Schnittstelle, die sowohl als serielle Sync-Verbindung zum PC oder zu Peripheriegeräten genutzt werden kann wie auch per optionalem Adapter zur Ansteuerung eines externen Monitors oder Beamers - die Ausstattungsliste des JVC MP-C33 las sich zur Markteinführung eindrucksvoll. Heute, knapp vier Jahre später, sind CPU und Speicherausbau natürlich nicht mehr top-aktuell, als "Mobile Office", wie von JVC beworben, taugt das dagegen grundsätzlich noch immer.

Im Spätsommer 2001 stellte der japanische Elektroriese JVC das "Mobile Intelligent Office" MP-C33 in Deutschland der Öffentlichkeit vor, basierend auf den bereits gut eingeführten Modellen MP-C102 und 303/304 im Mutterland des Konzerns. Inzwischen ist der Vertrieb natürlich längst eingestellt, der Support auf ein Minimum heruntergefahren. Allerdings ist die Produktseite auf dem JVC-Webportal noch immer online, das Gerät selbst in nennenswerten Stückzahlen auf einschlägigen Online-Auktionsseiten und teils sogar noch als Neuware in Restpostenangeboten verfügbar. Rechtfertigung genug für ein zugegebenermaßen ziemlich spätes Review.

Mit einem zeitlichen Abstand von vier Jahren die Basis-Hardware eines Rechners beurteilen zu müssen, ist zwangsläufig unfair für alle Beteiligten. Belassen wir's deshalb dabei: Damals war die Performance absolut zeitgemäß. Ob die Rechenleistung für einen Anwender heute noch reicht, hängt von dessen individuellen Anforderungen ab. Der Multimedia-Wiedergabe oder Computer-Spielen setzt ein 180 MHz-Prozessor enge Grenzen, ein "Mobile Office" dagegen braucht nicht mehr. Der "Megahertz-Wahn", in den uns als Kunden das Marketing der Chip-Hersteller getrieben hat, ist schon am Desktop-Rechner unsinnig, erst recht auf einem "embedded device", für das gar kein Upgrade auf ein neues, ressourcenhungrigeres Betriebssystem angeboten wird. Jedenfalls dann, wenn es sich um einen Bürorechner handelt, auf dem eben Büroarbeiten und wenig mehr erledigt werden sollen.

Nicht nur die Prozessor-Chips haben sich in den vergangenen vier Jahren weiterentwickelt. Weitaus augenfälliger, im wahrsten Sinne des Wortes, sind die Fortschritte bei Flüssigkristall-Displays. Stromsparende transflektive LCD Panels waren damals in Stückzahlen und zu moderaten Preisen bestenfalls im PocketPC-Format verfügbar. Größere Bildschirmdiagonalen konnten die Gerätehersteller nur entweder mit deutlich höheren Kosten oder aber mit deutlich schlechteren Kontrast- und Helligkeitswerten verbauen, jedenfalls wenn das Ganze den Akku eines Mobilrechners nicht in Minutenschnelle leer saugen sollte. So gesehen hat JVC einen wirklich guten Job gemacht: Der MP-C33 bringt ein 7" TFT-Display mit, kein schon damals überholtes STN-Panel wie etwa der gleich alte HP Jornada 7xx. Sieben Zoll Diagonale bei 1024x600 dargestellten Bildpunkten, das macht eine physikalische Auflösung von 170dpi, und das auch noch überraschend scharf - sensationell für die damalige Zeit. Leider hat JVC versäumt, die Benutzeroberfläche an die hohe Display-Auflösung ordentlich anzupassen. Es gibt in der Systemsteuerung zwar ein Control zum Verändern der Schriftgröße in Menüs, Dialogen und anderen Bedienelementen, allerdings wirken sich die Einstellungen nicht aus auf die Breite von Dialogfeldern, Buttons, Menüleisten etc. Die Folge ist, daß bei vergrößerter Schriftdarstellung die Anzeigetexte einfach abgeschnitten werden.

Ein weiterer Schwachpunkt: Das Display Panel ist nur transmissiv, nicht transflektiv, d.h. ohne Hintergrundbeleuchtung zeigt sich gar nichts auf dem Bildschirm. Die Beleuchtung ist außerdem recht schwachbrüstig ausgefallen, was einerseits dem Stromverbrauch zugute kommt, andererseits einen Einsatz bei hellem Umgebungslicht praktisch unmöglich macht. Von direkter Sonneneinstrahlung wollen wir gar nicht erst reden. Nutzer des mobilen Bürorechners JVC MP-C33 sollten sich zum Arbeiten also stets ein schön schummriges Plätzchen suchen.


Die Tastatur des JVC MP-C33 ist durchaus tauglich auch für fleißige Tipper. Zehn Sondertasten dienen
zum schnellen Aufruf von Programmen und sind ganz nach Gusto frei belegbar.

Schade eigentlich, denn der JVC ist ein echter "Eyecatcher", Aufmerksamkeit wäre garantiert auf der Sonnenterasse des Straßencafes. Das Gehäuse, von der Standfläche her gerade mal so groß wie ein Din A5 Blatt, ist in wertigem Magnesium gehalten, lediglich die Seitenpanele sowie in aufgeklapptem Zustand Tastatur und Display-Umrahmung sind aus Kunststoff. Diese Plastikapplikationen sind halbtransparent und violett eingefärbt (man verzeihe mir die unpräzise Farbangabe, Männer sehen bekanntlich nur 16 Farben...), ein bißchen zu poppig vielleicht für ein Business-Gerät. Design vor Funktionalität galt wohl leider bei den Gehäusescharnieren: In geöffnetem Zustand rasten die Scharniere nicht ein und sind zudem zu leichtgängig mit dem Effekt, daß der Deckel samt Display nicht in der vom Benutzer eingestellten Position bleibt, langsam aber stetig immer weiter aufklappt und den Anwender so nötigt, ständig den Aufstellwinkel nachzustellen - nervig. Die Tastatur andererseits ist trotz des Farb-Designs sehr annehmbar und vermittelt ein gutes Schreibgefühl, durchaus brauchbar auch für Tippwütige. Rund 740 Gramm bringt der JVC auf die Waage. Angesichts der gebotenen Display-Diagonale und der vollwertigen Tastatur ist der Handheld damit ein Fliegengewicht, beim Verhältnis von Masse zu Nutzfaktor braucht sich der "Oldie" auch vor top-aktuellen Handhelds nicht zu verstecken.


Die Software-Ausstattung erfüllt selbst gehobene Ansprüche: Neben PIM, Mail und Webbrowser das
komplette Pocket Office incl. Access plus ein paar Multimedia-Goodies.

Sehr tauglich für einen Office-Handheld ist in jedem Fall die Software-Ausstattung. Im Gegensatz zu aktuellen CE.NET-Handhelds bringt ein HandheldPC der 2000er Generation typischerweise eine durchweg runde Auswahl an Programmen mit: Neben Pocket Word ein vollwertiges Pocket Excel anstelle eines bloßen Viewers, dazu Pocket Access, das zumindest für Datenbanken geringer Komplexität und überschaubare Datenvolumen ganz brauchbar ist, einen Powerpoint Viewer und das komplette Pocket Outlook Paket zur Verwaltung von Kontakten, Terminen und Aufgaben. Sogar das Drucken von Dokumenten geht mit dem MP-C33 vergleichsweise leicht von der Hand, hat JVC doch zusätzlich zu den HP-Treibern, die Microsoft mit HPC 2000 auslieferte, noch Printer-Ansteuerungen für verschiedene Modelle von Epson und Canon integriert. Ein Backup-Tool rundet die Ausstattung für den ernsthaft Arbeitenden ab.

Von eher nachrangiger Bedeutung war auf der Business-Plattform HandheldPC schon immer der Spaßfaktor. "Solitär" findet sich als einziges Spielchen im ROM des JVC, die vom PocketPC bekannte "GameAPI", auf die viele Spiele von Drittanbietern zugreifen, fehlt. Der Windows Mediaplayer andererseits ist nach Microsoft-Ductus auch auf einem HandheldPC obligatorisch, taugt unter HPC 2000 aber nur zur Wiedergabe von MP3 und WMA Audio Files. JVC packte an Multimedia-Anwendungen zusätzlich eine hauseigene Bild- und Videobearbeitung mit ins ROM, die ihre volle Leistungsfähigkeit aber nur im Zusammenspiel mit speziellen Kameras des selben Herstellers entfalten, die über USB angeschlossen werden können. Kameras, die offenbar nur in Japan erhältlich waren, hierzulande jedenfalls schlecht bis gar nicht aufzutreiben sind. Schade eigentlich, die 180 MHz CPU des MP-C33 bei der Videobearbeitung zu beobachten, wäre durchaus spannend gewesen.


Eine der Perlen in den Software-Beigaben von JVC ist der Bildbetrachter "Album".

Stichwort USB: Schön, daß der JVC MP-C33 eine herkömmliche A-Buchse zum Anschluß von Peripheriegeräten hat. Weniger schön, daß HPC 2000-geeignete Treiber für Peripheriegeräte leider Mangelware sind. Mitgeliefert wird neben den bereits erwähnten Drucker- und Kameratreibern lediglich die nötige Software zum Anschluß einer Microsoft-kompatiblen Maus. Wer darüber hinaus z.B. einen Speicher-Stick am USB-Port des MP-C33 verwenden möchte, kommt mit Bordmitteln nicht weiter, ebensowenig über den Support von Microsoft oder von JVC. Treiber gibt es zum Teil zwar, aber sie im World Wide Web zu finden, gestaltet sich oft genug recht schwierig.

Auch in Sachen I/O-Karten für PCMCIA- oder CompactFlash-Slot ist die Treiber-Ausstattung mäßig. Für NE2000-kompatible Ethernet-Karten bringt HPC 2000 bereits einen generischen Treiber mit, das war's im wesentlichen. WLAN oder Bluetooth? Fehlanzeige. Beim Kauf von Peripherie muß der JVC-Nutzer deshalb gut aufpassen, sich ausreichend informieren, mit einer leider recht bescheidenen Auswahl an Erweiterungskarten leben und nicht selten etwas tiefer in die Tasche greifen, um eine auf seinem JVC lauffähige Lösung zu ergattern.

Was die Palette möglicher Erweiterungskarten noch weiter einschränkt, ist die etwas dürftig bemessene Stromversorgung des CF-Slots an der Untergrenze der Spezifikation. Besonders energiehungrige CompactFlash-Karten, z.B. viele Microdrives, laufen nicht oder nicht zuverlässig im JVC. Weit störender freilich dürfte für viele Anwender eine andere Eigenheit des CF-Slots sein, genauer gesagt der Plazierung des Slots im Gehäuse: CompactFlash-Karten finden vorne mittig ihren Steckplatz, genau da also, wo auch die Deckelschließe sitzt. Damit das Gehäuse zugeklappt werden kann, muß die CF-Karte komplett im Slot verschwinden und die darüber liegende Verschlußblende geschlossen sein. Das klappt mit Speicherkarten noch ganz gut, mit vielen I/O-Karten dagegen gar nicht. Schlimmer noch - überlange CompactFlash-Karten, die außen eine Verdickung aufweisen wie etwa viele WiFi-Karten, passen auch bei aufgeklapptem Gehäuse nicht in den Steckplatz, weil die Verschlußblende im Weg ist. Ethernet-, WLAN- oder Bluetooth-Karten sind demnach besser aufgehoben im PCMCIA-Slot.


Design statt Funktionalität: Bei überlangen CompactFlash-Karten im Slot läßt sich das Klappgehäuse nicht
mehr schließen.

Kein Büro ohne Netzzugang. Lokale Verbindungen sind grundsätzlich kein Problem, eine geeignete Erweiterungskarte für Ethernet oder WLAN vorausgesetzt. Ebenso grundsätzlich unterstützt der JVC auch "Wide Area Networking", entweder per Mobiltelefon über den integrierten IrDA-Port oder über Bluetooth (passende Erweiterungskarte wiederum vorausgesetzt), oder per Festnetz über das eingebaute 56k-Modem. Die Client Software allerdings ist - HPC 2000-typisch - eher rudimentär. Netzfreigaben muß man mühsam manuell per UNC-Pfad verbinden, ein Browser zum Durchsuchen der Netzwerkumgebung fehlt. VPN spielte zu Zeiten von HPC 2000 noch keine große Rolle, ein passender Client läßt sich bei Bedarf also nur über einen Drittanbieter nachrüsten. Immerhin: Der Terminal Server Client des JVC erlaubt Remote Desktop Sessions auch auf modernen PCs mit Windows XP Pro.

Als enormen Fortschritt feierten User bei Erscheinen von HPC 2000 dessen mitgelieferten "Internet Explorer 4.01 for CE". Keine Probleme mit Framesets, Javascript, DHTML, animierte GIFs wurden nun angezeigt, selbst SSL-gesicherte Verbindungen ließen sich aufbauen, endlich war uneingeschränktes Surfen im World Wide Web möglich - fast jedenfalls. Plug-Ins z.B. zur Darstellung von Flash-Animationen waren Mangelware, sind es immer noch. Aber wer braucht das schon... Heute ist der IE 4 etwas antiquiert, mit modernen Fortschreibungen von HTML, XHTML oder DHTML kommt er nicht mehr zurecht. Etliche Websites lassen sich mit dem IE 4 nicht mehr korrekt darstellen. Wer heute mit dem JVC im Web surft, wird sich bald wünschen, es gäbe eine Update-Möglichkeit für den Browser. Oder eine Alternative.

Alternativen zum mitgelieferten Mail-Client gibt es glücklicherweise. Der ist zwar gar nicht so schlecht, sofern man keine allzu hohen Ansprüche stellt. Power-Mailer, die auch unterwegs Zugriff haben wollen auf x Accounts, über die im Minutentakt Nachricht ein- und ausgehen, werden aber etliche Komfortfunktionen vermissen, die heute zum Standardrepertoire jedes Mail-Client gehören. Weit schwerer wiegt, daß angesichts springflutartiger Spam-, Viren- und Wurm-Wellen kaum ein Mail Server heutzutage noch ohne ausgefeilte Zugangssicherungen auskommt. Sicherungen, die es zu Zeiten eines HPC 2000 zu einem Gutteil noch gar nicht gab und die deshalb nicht zur Verfügung stehen im Mail-Client des JVC. Es gehört kein ausgesprochenes Pech mehr dazu, wenn dem betagten Mail-Programm des JVC MP-C33 die Authentifizierung beim POP3-Zugriff fehlschlägt.

Wer mit den genannten Einschränkungen leben kann, findet im JVC MP-C33 in der Tat ein sehr brauchbares "Mobile Intelligent Office" - sogar noch heute, vier Jahre nach Markteinführung. Im Vergleich zum aktuellen und ähnlich positionierten Psion Netbook Pro schneidet der JVC zwar altersbedingt in allen Disziplinen außer der Software-Ausstattung schlechter ab, ist dafür aber auch aus zweiter Hand oder als Restposten runde 1000 Euro billiger. Gebrauchtkäufer sollten sich aber vergegenwärtigen, daß nicht nur der Handheld selbst inzwischen vier Jahre alt ist. Auch der Akku eines gebrauchten Handheld hat in aller Regel seine besten Zeiten schon hinter sich und bringt nicht mehr volle Leistung, unabhängig davon, wie pfleglich ihn der Vorbesitzer behandelt hat. Der Lithium-Ionen-Stromspeicher des JVC MP-C33 ist schon fabrikneu unterdimensioniert (oder besser gesagt: der Stromverbrauch der damaligen Handheld-Technik war einfach zu hoch). Die vom Hersteller angegebenen sechs Stunden Laufzeit erreichte der MP-C33 jedenfalls nie, etwas mehr als die Hälfte wäre ein realstischer Wert gewesen. Nach vier Jahren aber ist der Akku zumindest in meinem Gerät so sehr gealtert, daß mit viel Glück noch eine Stunde Betrieb ohne Steckdose erreichbar ist. Sonderlich mobil ist JVCs "Intelligent Office" damit nicht mehr.

Jürgen Rothberger
Juni 2005


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